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Insights 19.08.2025

Ak­tu­el­le For­schung: Wär­me­pum­pen sind fos­si­len Heiz­sys­te­men klar über­le­gen

Marc Pion

Die wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig: Wärmepumpen sind fossilen Heizsystemen in fast allen relevanten Umwelt- und Klimakategorien überlegen – und das selbst unter schwierigen Einsatzbedingungen.

Deutschland steht vor der Aufgabe, den Gebäudesektor bis 2045 klimaneutral zu gestalten. Derzeit entfallen rund 35 % des gesamten Endenergieverbrauchs auf die Raumwärmeversorgung. Mit ca. 5,6 Mio. Gasheizungen und einer hohen Abhängigkeit von fossilen Energieträgern steht der Sektor unter Transformationsdruck. Wärmepumpen werden dabei als Schlüsseltechnologie betrachtet – sowohl für Neubauten als auch für den Bestand.

Marktdaten zeigen, dass der Absatz 2024 erstmals über dem von Gasheizungen lag, dennoch stagniert das Wachstum im Vergleich zu den ambitionierten Klimazielen. Fernwärme spielt parallel eine Rolle, ist aber in vielen Regionen fossil geprägt (Kohle, Erdgas) und benötigt ebenfalls eine Dekarbonisierungsstrategie.

 

 

Lebenszyklusanalyse: Wärmepumpe schlägt Gas – auch in schwierigen Szenarien

Die RWTH Aachen hat in der Zeitschrift Cell Reports Sustainability eine umfassende Ökobilanz erstellt, die den gesamten Lebenszyklus von Luft-Wasser-Wärmepumpen und Gaskesseln vergleicht.

Zentrale Ergebnisse:

  • Worst-Case-Szenario: unsanierter Altbau, Strommix 2019 (40 % erneuerbar) → 48 % CO₂-Reduktion gegenüber Gas.
  • Optimal-Szenario: verbesserte Gebäudehülle, effiziente Wärmepumpe, optimierte Speichertechnologie, Strommix nach ecoinvent-Prognosen → bis zu 91 % CO₂-Reduktion.
  • Status quo 2025: dank besserem Strommix (fast 60 % EE-Anteil) zusätzliche 20–25 % Einsparung gegenüber 2019.

Schlussfolgerung: Selbst unter ungünstigen Rahmenbedingungen sind signifikante Emissionsreduktionen möglich – fossile Systeme wie Gas oder Öl verbessern sich nicht, Wärmepumpen hingegen profitieren automatisch vom wachsenden Anteil erneuerbarer Energien.

 

 

Weitere Umweltwirkungen und Ressourcenfragen

Die Studie bewertet 16 Umweltkategorien:

  • Positiv: Deutliche Vorteile beim Klimaschutz, geringere Luftschadstoffe, weniger fossile Rohstoffnutzung.
  • Neutral bis negativ: Höherer Kupferbedarf (Kategorie „Ressourcen“), Produktionsenergieaufwand, Kältemittel.
  • Zukunftsaussichten: Mit zunehmendem Anteil natürlicher Kältemittel (z. B. R-290/Propan) und Recyclingstrategien sinken auch diese Belastungen.

Wichtiger Punkt: Die Kategorie Klimawandel steht in der Priorisierung klar an erster Stelle – andere Umweltwirkungen sind weniger kritisch, insbesondere wenn sie durch Technologieentwicklung adressiert werden.

 

 

Fernwärme im Vergleich: Potenziale und Restriktionen

Fernwärme kann in dicht besiedelten Gebieten ein Hebel zur Wärmewende sein – aktuell sind jedoch über 50 % der deutschen Fernwärme fossil (Gas, Kohle).

  • Umstellung auf erneuerbare Quellen (Großwärmepumpen, Solarthermie, Abwärme) ist technisch möglich, aber kapitalintensiv.
  • Dezentrale Wärmepumpenlösungen bieten in Regionen ohne emissionsarme Fernwärmeversorgung einen direkten und schnelleren Weg zur Dekarbonisierung.

 

 

Wirtschaftliche Bewertung

Neuere Forschungsergebnisse, u. a. MIT-Studien, zeigen:

  • Elektrifizierung von 80 % der Heizsysteme mit Wärmepumpen senkt nicht nur CO₂-Emissionen, sondern reduziert langfristig auch Systemkosten (Netz, Betrieb, Primärenergieimporte).
  • Wärmepumpen können im Betrieb – besonders bei dynamischem Stromtarif – günstiger sein als Gasheizungen.
  • Politische Empfehlung aus der RWTH-Studie: Stromsteuer senken, Gassteuer erhöhen → stärkere Wirtschaftlichkeit und schnellere Marktdurchdringung.

Wäh­rend Fern­wär­me dort sinn­voll ist, wo die In­fra­struk­tur be­reits vor­han­den und eine ra­sche De­kar­bo­ni­sie­rung der Er­zeu­gung mög­lich ist, bie­ten de­zen­tra­le Wär­me­pum­pen­lö­sun­gen be­reits heu­te ei­nen di­rek­ten Weg zu CO₂-Neu­tra­li­tät – ohne Ab­hän­gig­keit von fos­si­len Im­por­ten. Für In­ves­to­ren und Be­trei­ber be­deu­tet das: Wer früh auf Wär­me­pum­pen setzt, pro­fi­tiert dop­pelt – öko­lo­gisch und öko­no­misch.

Sascha Müller, Vorstandsvorsitzender PAUL Tech AG

Handlungsempfehlungen – Schlüssel zum Markthochlauf der Wärmepumpe

Mit gezielter Technologieentwicklung, intelligenten Geschäftsmodellen und passenden politischen Rahmenbedingungen kann die Wärmepumpe fossile Heizsysteme nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich klar übertreffen. So könnte es gezielt weitergehen:

1. Technologie weiterentwickeln

  • Hochtemperatur- und Großwärmepumpen für Bestandsgebäude und Fernwärme.
  • Einsatz natürlicher Kältemittel (Propan, CO₂).
  • KI-optimierter Betrieb zur Effizienzsteigerung.

2. Politische Rahmenbedingungen anpassen

  • Stromkosten senken, fossile Energien verteuern.
  • Förderung auf Betriebskostenvorteile statt nur Investitionen umstellen.
  • ESG-konforme Standards in EU-Taxonomie verankern.

3. Umsetzung beschleunigen

  • Standardisierte Plug-and-Play-Module.
  • Ausbau von Fachkräfte- und Schulungsprogrammen.
  • Digitale Gebäudemodelle zur Vorplanung.

4. Geschäftsmodelle skalieren

  • Heat-as-a-Service ohne CapEx für Eigentümer.
  • Contracting mit garantierter Effizienzklasse.
  • Quartierslösungen zur Kostensenkung.

5. Investorenkommunikation stärken

  • Klare Wirtschaftlichkeits- und ESG-Reports.
  • Best-Practice-Projekte als Referenz.
  • Präsenz auf relevanten Fach- und Investorenveranstaltungen.

 

 

Wärmepumpen sind klar überlegen

Die wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig: Wärmepumpen sind fossilen Heizsystemen in fast allen relevanten Umwelt- und Klimakategorien überlegen – und das selbst unter schwierigen Einsatzbedingungen. Technologische Fortschritte, ein grüner werdender Strommix und innovative Geschäftsmodelle werden diese Vorteile in den nächsten Jahren weiter verstärken.

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