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Insights 10.09.2025

Die Wär­me­wen­de im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich – Stra­te­gi­en, Fort­schrit­te und Her­aus­for­de­run­gen

Marc Pion

Die Wärmewende – also die Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien und klimaneutrale Technologien – ist ein zentraler Baustein der globalen Energiewende. Sie betrifft nicht nur den Gebäudesektor, sondern auch Industrieprozesse, Fernwärme und Kühlbedarfe.

Die Wärmewende – also die Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien und klimaneutrale Technologien – ist ein zentraler Baustein der globalen Energiewende. Sie betrifft nicht nur den Gebäudesektor, sondern auch Industrieprozesse, Fernwärme und Kühlbedarfe. Während einige Länder bereits erhebliche Fortschritte erzielt haben, stehen andere noch am Anfang. 

 

 

Vorreiter der Wärmewende: Skandinavische Länder

Schweden – fast vollständig dekarbonisierte Wärmeversorgung

Schweden gilt als Musterbeispiel für eine erfolgreiche Wärmewende. Bereits in den 1990er-Jahren setzte das Land auf hohe CO₂-Steuern und auf einen gezielten Ausbau von Fernwärmenetzen. Heute werden mehr als 90 % der Fernwärme klimafreundlich erzeugt, häufig durch Biomasse, Abwärme und zunehmend durch Großwärmepumpen. Fossile Energien spielen praktisch keine Rolle mehr.

Dänemark – kommunale Planung als Schlüssel

Dänemark hat die Wärmewende vor allem durch eine konsequente kommunale Steuerung vorangebracht. Jede Kommune erstellt sogenannte „Heat Plans“, die den Ausbau von Wärmenetzen oder die Förderung von Wärmepumpen koordinieren. Bereits seit den 1980er-Jahren sind Öl- und Gasheizungen stark reglementiert. Auch hier dominiert die Fernwärme – gespeist aus Kraft-Wärme-Kopplung, Abwärme und Biomasse.

Finnland – Fortschritt durch Kombination von Fernwärme und Wärmepumpen

Finnland setzt wie seine Nachbarn stark auf Fernwärme, die zunehmend durch Wärmepumpen und erneuerbare Quellen gespeist wird. Eine Besonderheit ist die Nutzung von Großwärmepumpen, die Abwärme aus Industrieanlagen und Rechenzentren ins Wärmenetz einspeisen. Ziel ist es, fossile Energieträger bis spätestens 2035 vollständig abzulösen.

 

 

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Länder mit mittlerem Fortschritt: Frankreich und Niederlande

Frankreich – Mix aus Verboten und Förderungen

Frankreich hat seit 2023 neue Öl- und Gasheizungen in Neubauten verboten und setzt auf Förderprogramme für Wärmepumpen. Die Besonderheit ist die hohe Bedeutung der Stromerzeugung aus Kernenergie, die eine Elektrifizierung der Wärmeversorgung erleichtert. Dennoch hinkt der Ausbau von Wärmepumpen und Wärmenetzen im europäischen Vergleich noch hinterher.

Niederlande – Wärmepumpenpflicht ab 2026

Die Niederlande planen, ab 2026 den Einbau von Wärmepumpen in Neubauten verpflichtend zu machen. Zudem werden Gasanschlüsse in Neubaugebieten seit 2018 nicht mehr genehmigt. Kommunen erhalten staatliche Unterstützung, um Quartiere auf alternative Wärmeversorgung – etwa Nahwärme oder Geothermie – umzustellen. Ziel ist es, die starke Abhängigkeit von Erdgas (historisch durch eigene Gasfelder in Groningen) deutlich zu verringern.

 

 

Deutschland – Aufholbedarf und Streit um den Weg

Deutschland steht im Vergleich deutlich am Anfang der Wärmewende. Zwar gibt es ambitionierte Ziele wie den verpflichtenden Anteil von 65 % erneuerbarer Energien bei neuen Heizsystemen, doch die Umsetzung stößt auf Widerstand. Förderprogramme für Wärmepumpen und der geplante Ausbau von Fernwärme sind wichtige Bausteine, werden jedoch durch hohe Baukosten, Fachkräftemangel und Akzeptanzprobleme gebremst.

Ein Blick in die Nachbarländer zeigt: Deutschland hat bisher vor allem regulatorische Weichen gestellt, muss nun aber massiv in praktische Umsetzung investieren, um nicht weiter zurückzufallen.

 

 

Großbritannien – Ausstieg aus Gasheizungen

Das Vereinigte Königreich hat beschlossen, ab 2035 den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen zu verbieten. Parallel laufen Programme zur Förderung von Wärmepumpen. Dennoch bleibt der hohe Anteil gasbasierter Zentralheizungen in Bestandsgebäuden eine große Herausforderung. Pilotprojekte zu Wasserstoff als Heizalternative zeigen bisher keine breite Praxistauglichkeit, sodass die Wärmepumpe klar im Fokus steht.

 

 

Österreich, Belgien und andere EU-Staaten – frühe Verbote

  • Österreich: Seit 2023 sind Öl- und Gasheizungen in Neubauten verboten. Ein sukzessiver Austausch bestehender Anlagen soll folgen.
  • Belgien (Flandern): Neue Gebäude dürfen ab 2025 nicht mehr mit Öl- oder Gasheizungen ausgestattet werden.
  • Italien und Spanien: Setzen stärker auf Solarthermie und hybride Systeme, haben aber weniger einheitliche Strategien als Nordeuropa.

 

 

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Die Wär­me­wen­de ist kein na­tio­na­les Pro­jekt, son­dern ein glo­ba­ler Wett­lauf um Kli­ma­schutz, Ver­sor­gungs­si­cher­heit und tech­no­lo­gi­sche Füh­rungs­po­si­ti­on. Wäh­rend Län­der wie Schwe­den und Dä­ne­mark längst zei­gen, dass ein na­he­zu fos­silfrei­es Hei­zen mög­lich ist, gilt es für Deutsch­land und vie­le an­de­re Staa­ten nun, ent­schlos­sen nach­zu­zie­hen. Der in­ter­na­tio­na­le Ver­gleich macht deut­lich: Mit kla­ren Re­geln, kom­mu­na­ler Ver­ant­wor­tung und dem kon­se­quen­ten Ein­satz in­no­va­ti­ver Tech­no­lo­gi­en wie Wär­me­pum­pen ist eine kli­ma­neu­tra­le Wär­me­ver­sor­gung rea­li­sier­bar – und bie­tet zu­gleich enor­me Chan­cen für Wirt­schaft und Ge­sell­schaft.

Sascha Müller, Vorstandsvorsitzender PAUL Tech AG

USA – Marktgetriebene Wärmewende

In den USA gewann die Wärmewende zuletzt stark an Dynamik: Wärmepumpen haben 2022 erstmals Gasheizungen bei den Verkaufszahlen überholt, inzwischen sind über 18 Mio. Haushalte ausgestattet. Förderungen aus dem Inflation Reduction Act (IRA) (bis zu 8.000 USD Zuschuss) treiben den Markt zusätzlich. Ziel der U.S. Climate Alliance sind 20 Mio. Wärmepumpen bis 2030. Studien zeigen CO₂-Einsparungen von bis zu 64 % im Gebäudesektor, doch Engpässe bei Fachkräften, hohe Strompreise und soziale Ungleichheiten bremsen den Ausbau. Insgesamt gilt die Elektrifizierung mit Wärmepumpen und ergänzend grünem Wasserstoff als zentraler Hebel für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung. 

Was die Trump-Administration in Bezug auf die Wärmewende in den USA plant, ist noch offen. Ein Stopp oder Rückbau der finanziellen Anreize – etwa über IRA – könnte den Markt für Wärmepumpen schwächen. In Kombination mit einem günstigen regulatorische Deregulierungsmomentum könnte der fortschreitende Wandel zur elektrischen Wärmeversorgung deutlich gebremst werden. Allerdings bleibt abzuwarten, in welchem Umfang Kongress, Bundesstaaten und private Akteure in der Lage sind, bereits entwickelte Projekte im Rahmen der Wärmewende zu stabilisieren.

 

 

China – dynamischer Ausbau von Wärmepumpen

China beschleunigt die Wärmewende durch gezielte Effizienzvorgaben, massive Produktion und technologische Innovation. Wärmepumpen sollen fossile Heizsysteme zunehmend ersetzen – insbesondere in Bereichen wie Industrie und Fernwärme, die bislang stark kohlebasiert sind. Dank klarer Politikinstrumente und umfangreichem staatlichem Engagement ist China auf dem besten Weg, die Dekarbonisierung des Wärmesektors entscheidend voranzutreiben.

China spielt eine zentrale Rolle auf dem globalen Wärmewendemarkt – sowohl in der Produktion als auch im Einsatz von Wärmepumpen. Laut IEA und Wikipedia ist China weltweit der zweitgrößte Markt für Raumwärme- und Warmwasser-Wärmepumpen und verzeichnete 2023 ein Absatzwachstum von 12 %, während der globale Trend bei –3 % lag. Wärmepumpen machten 2022 etwa 8 % aller Heizgeräteverkäufe aus; in dezentralen Gebäuden entfällt ein Viertel der global installierten Kapazität auf China – über 250 GW, was etwa 4 % des Wärmebedarfs im Gebäudesektor deckt.

Im Rahmen des nationalen Action Plan vom April 2025 forcieren staatliche Akteure die Hochskalierung der Wärmepumpentechnologie, indem sie Mindesteffizienzsteigerungen von 20 % bei Schlüsselprodukten vorschreiben und technologische Sprünge (etwa bei leistungsstarken Hochtemperatur-Wärmepumpen oder umweltschonenden Kältemitteln) fördern. Außerdem sollen Wärmepumpen verstärkt in öffentlichen Gebäuden, Industrie, Landwirtschaft und Verkehr eingesetzt werden.

Groß skalierte Wärmepumpen (z. B. zur Kopplung mit Fernwärme) sind bereits in Städten Nordchinas im Einsatz, um die hohe Kohleabhängigkeit von über 80 % in bestehenden Wärmenetzen zu verringern und gleichzeitig industrielle Abwärme zu nutzen.

Unter dem Announced Pledges Scenario (APS) der IEA könnte die Direktverbrennung von Kohle für Raum- und Wasserheizung bis 2030 um 75 % reduziert und bis 2040 nahezu vollständig abgeschafft werden. Wärmepumpen würden bis 2050 eine Schlüsselrolle in der dekarbonisierten Wärmeversorgung urbaner und ländlicher Bereiche übernehmen.

Darüber hinaus zeigt sich Chinas Vorreiterrolle bei der Elektrifizierung: Etwa 30 % des Endenergieverbrauchs stammen bereits aus Strom – mehr als in EU oder USA (\~22 %). Elektrotechnik wie Wärmepumpen, E-Mobilität und saubere Stromerzeugung durch Solar- und Windenergie treiben dieses Wachstum voran.

 

 

Europäische Union – Rahmen und Strategie

Die EU flankiert nationale Strategien durch Richtlinien zur Energieeffizienz und durch den „European Green Deal“. Im Rahmen der Nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) mussten alle Mitgliedsstaaten darlegen, wie sie Wärme- und Kühlsysteme dekarbonisieren wollen. Eine Analyse von 2024 zeigt jedoch große Unterschiede: Während einige Länder konkrete Maßnahmen und Zeitpläne vorlegen, bleiben andere vage oder unambitioniert.

 

 

Erfolgsfaktoren im internationalen Vergleich

Aus den Erfahrungen verschiedener Länder lassen sich folgende Faktoren für eine erfolgreiche Wärmewende ableiten:

  1. Klare Regulierung: Eindämmung und Verbote fossiler Heizsysteme schaffen Verbindlichkeit.
  2. Preissignale: CO₂-Bepreisung und Förderprogramme machen erneuerbare Wärme attraktiv.
  3. Kommunale Verantwortung: Lokale Wärmenetze und Quartierslösungen sind entscheidend.
  4. Technologischer Fokus: Wärmepumpen und Großwärmenetze sind zentrale Säulen.
  5. Soziale Abfederung: Förderungen für einkommensschwache Haushalte sichern Akzeptanz.

 

 

Die Wärmewende: Ein globales Puzzle mit klaren Vorbildern

Die Wärmewende schreitet international unterschiedlich schnell voran. Skandinavische Länder zeigen, wie konsequente Steuerpolitik, kommunale Planung und technologischer Fortschritt zu einer nahezu vollständigen Dekarbonisierung führen können. Andere Länder, darunter Deutschland, Frankreich oder die Niederlande, stehen zwar nicht am Anfang, müssen aber den Umsetzungsdruck erhöhen.

Außerhalb Europas setzen die USA und China auf dynamische Marktförderung, die Wärmepumpen weltweit zum Standard machen könnte. Entscheidend bleibt überall: Die Wärmewende gelingt nur mit einem Mix aus politischem Willen, technologischem Fortschritt und Akzeptanz in der Bevölkerung.

 

 

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